Reisejournal 7/7, 26.07.2025
Von Zürich in die Ukraine
Heute Abend nehme ich den Zug nach Warschau 🚆 – morgen geht es dann mit dem Flugzeug nach Hause ✈️. Die Eindrücke, die ich mitnehme, sind vielfältig – und bedrückend.
Eben hat mir ein Freund erzählt – er ist 50 Jahre alt –, dass er nicht wisse, wann die Armee ihn rufe. Aber wenn es so weit sei, werde er gehen. Es sei seine Pflicht.
Die Menschen hier wirken müde, gefasst, teils desillusioniert – aber keinesfalls bereit aufzugeben. Und das Schöne ist zu sehen: Sie wollen weiterhin leben und sich auch kleine Freuden gönnen.
Die Dankbarkeit für unsere humanitäre Hilfe aus der Schweiz ist gross. Doch für unser Neutralitätsgebahren bringt man hier kein Verständnis auf. Wenn wir effizient helfen wollen, müsse das auch die Armee einschliessen, sagt man mir – höflich zwar, aber unmissverständlich.
Und ich verstehe es. In einem Fall wie diesem – in dem kein vernünftiger Mensch bezweifeln kann, dass putin der Aggressor ist – darf es kein neutrales Wegsehen geben.
Ich sehe einmal mehr bestätigt: Unser Konzept funktioniert. Mit langjährigen lokalen Partnern vor Ort stellen wir sicher, dass unsere Hilfe genau da ankommt, wo sie gebraucht wird.
Auch unser Ansatz, nur mit freiwilligen Helfer:innen zu arbeiten und sämtliche Mittel ausschliesslich in Materiallieferungen zu investieren, hat sich bewährt.
So können wir garantieren, dass kein Kriegsgewinnler von unserer Hilfe profitiert.
Danke euch fürs Mitlesen meines Reisejournals – und ich freue mich, wenn ihr unsere Beiträge in eurem Netzwerk teilt.

Reisejournal 6/7, 25.07.2025
Von Zürich in die Ukraine
🚒 Heute habe ich den Feuerwehrbus dem Bürgermeister von K. übergeben: «Mission completed».
📍 K. ist eine Stadt mit rund 70’000 Einwohnern in der heiss umkämpften Region S. Der Bus wird künftig für Evakuationen eingesetzt.
📦 Die Evakuationszonen werden vom militärischen Kommandanten definiert, aber von der Zivilverwaltung vollzogen. Viele Menschen weigern sich, evakuiert zu werden – und sie dürfen auch nicht gezwungen werden. Nur bei Kindern ist eine Zwangsevakuierung möglich, aber in der Regel gehen die Eltern dann auch mit. Zwangsevakuationen gibt es nur selten.
🧑💼 Bürgermeister einer Stadt im Kriegsgebiet zu sein, ist eine enorme Herausforderung: Höchste Achtung vor einem jungen Mann, der diese Herausforderung annimmt!
🌀 Wenn man nach einem solch bewegenden Gespräch durch Lviv geht – wo das LEBEN pulsiert, wo gebaut und investiert wird, als herrsche kein Krieg im Land – versteht man die Welt für einen Moment nicht … Aber selbstverständlich muss das Leben weitergehen, selbstverständlich muss produziert und konsumiert werden, sonst würde das System kollabieren … schwierig!!

Reisejournal 5/7, 24.07.2025
Von Zürich in die Ukraine
🎙️ Was passiert, wenn während eines Partnertreffens ein Kriegsszenario diskutiert wird – und plötzlich der Fliegeralarm losgeht? Eindrücke aus einem Tag zwischen Planung, Realität – und leiser Erschütterung:
🤝 Ich war heute als einziger Nicht-Caritas-Angehöriger zum Partnertreffen von Caritas-Spes Ukraine eingeladen. Vertreterinnen und Vertreter der Caritas aus ganz Europa nahmen teil. Es wurden Projekte, Strategien und Bilanzen präsentiert und diskutiert.
🔍 Für mich besonders spannend: die Projektvorstellungen. Ich konnte sehen, wo welche Bedürfnisse bestehen – und wie wir Ähnliches tun können. Wir werden jedoch nicht Caritas als Organisation begünstigen, sondern weiterhin direkt die Empfänger unterstützen.
⚠️ Es wurden auch Szenarien vorgestellt, wie Caritas auf mögliche Veränderungen der Kriegssituation reagieren würde. Exakt während der Präsentation des Szenarios „Ruin“ ertönte ein Fliegeralarm. Der Workshop wurde kurzerhand in den Keller verlegt – und nahtlos fortgesetzt, als wäre nichts gewesen …
📲 Dann erreichte mich eine WhatsApp-Nachricht einer Bekannten aus Vinnytsia: Der Ehemann einer gemeinsamen Freundin ist gefallen. Sie selbst schrieb: „Exhausted, not so optimistic anymore. But still in one piece.“
Anmerkung: Vinnytsia liegt laut neuer Schweizer Einschätzung in einer „sicheren Zone“ – also kein Status S mehr.
Bild 1: Bombenalarm in der ganzen Ukraine am 24.7.25
Bild 2: Workshop Caritas-Spes im Keller


Reisejournal 4/7, 23.07.2025
Von Zürich in die Ukraine
📍 Die heutige Etappe der Fahrt: Krakau – Lviv.
Die spannende Frage war natürlich, wie der Grenzübertritt von Polen in die Ukraine mit einem Feuerwehrfahrzeug als humanitäre Hilfe funktionieren würde …
✅ Alles verlief reibungslos – in nur einer Stunde war ich durch. Dank gut vorbereiteter Dokumente und relativ wenig Verkehr. Die Fahrer der letzten beiden Busse, die wir vor einem Monat geliefert hatten, mussten mehr als einen ganzen Tag warten – wegen kleiner Fehler beim Abstempeln der Formulare.
🎯 Einer der Gründe, warum ich diese «Grenz-Erfahrung» selbst machen wollte: Ich möchte künftige Transporteure besser instruieren können.
🌾 Und nun bin ich also hier – im Westen der Ukraine, in einer sehr schönen und – wenigstens im Moment – ruhigen Gegend. Gerade jetzt fällt es schwer zu glauben, dass ich mich in einem Land befinde, in dem die russen einen hässlichen Krieg angezettelt haben.
🤔 Leben die Menschen hier nun also in Sicherheit? 🇨🇭 Haben sie den Schutz in der Schweiz nicht mehr verdient? Ich werde die Antwort auf diese Frage in den wenigen Tagen hier nicht finden – aber vielleicht Hinweise darauf. Wir werden sehen …

Reisejournal 3/7, 22.07.2025
Von Zürich in die Ukraine
🚒 Heute bin ich von Regensburg nach Krakau gefahren – quer durch fast ganz Tschechien.
🇩🇪 Deutschland habe ich in der Nähe der Ortschaft Hof verlassen.
🇨🇭🪖 In der Gegend um Hof kamen mir wieder die Szenarien aus der Zeit des Kalten Krieges in den Sinn, die wir in den Generalstabskursen der Schweizer Armee durchgespielt hatten. Damals berechneten wir, wie lange die «Streitkräfte Ost» von Hof aus bis zum Bodensee gebraucht hätten. Das Resultat dieser Planspiele weiss ich nicht mehr genau – aber es wären wohl lediglich ein paar Tage gewesen.
Wer heute beobachtet, wie mühsam die auf dem Papier übermächtigen russen an der ukrainischen Front vorwärtskommen, ist geneigt zu glauben, dass diese Kalkulationen von damals heute nicht mehr zutreffen würden.
❓Es sei aber die Frage erlaubt, ob heute die westlichen Armeen – die Schweizer Armee inbegriffen – den russen jenen Verteidigungswillen, jene Opferbereitschaft und jene Kriegsinnovationen entgegensetzen könnten, wie es heute die Ukrainer tun. Und ob die damaligen Kalkulationen nicht doch heute noch zutreffend wären … Solche Gedanken begleiteten mich auf der Fahrt durch diese schöne, friedliche Welt.

Reisejournal 2/7, 21.07.2025
Von Zürich in die Ukraine
📍 Heute bin ich bis Regensburg gefahren. Ich teile den Weg nach Lviv in drei etwa gleich lange Etappen ein.
🛂 Die erste «Hürde» war der Grenzübergang nach Deutschland in Thayngen. Als Schweizer – mit einem Schweizer Auto – braucht man ein spezielles Dokument (T1), um die EU zu durchqueren und in die Ukraine zu kommen. Aber mit Hilfe meines Brokers Ildar Akhmetov, der alles perfekt vorbereitet hat, habe ich diese Hürde bestens gemeistert.
🔜 Wir werden dann sehen, wenn ich die EU an der polnisch-ukrainischen Grenze verlasse, ob wirklich alles bestens war …
🚒 Ich habe mich auf dieser langen Fahrt – allein im Wagen, eingeklemmt zwischen endlosen Lastwagenkolonnen auf der Autobahn – gefragt, warum wir von S4U das überhaupt tun:
🇨🇭 Weil wir uns nicht hinter der Neutralität der Schweiz verstecken,
💪 sondern das tun, was wir dürfen – der ukrainischen Zivilbevölkerung helfen, durchzuhalten.
💥 putin hat die Ukraine angegriffen, putin greift die Freiheit in Europa an. Und wir Schweizer sind Teil Europas – Wir dürfen nicht wegschauen und uns in unserem Wohlstand suhlen …
🚒 Darum fahre ich noch so gerne mit einem Fahrzeug zur Evakuierung ukrainischer Menschen quer durch Europa. Und wenn ich dabei einen Ort wie Regensburg besuchen kann, ist das schön.

Reisejournal 1/7, 20.07.2025
Von Zürich in die Ukraine
🚗 Ich weiss nicht, wie oft ich in den vergangenen 16 Jahren als Unternehmer in der Ukraine war. 100 mal, oder mehr? Aber nie bin ich selbst mit dem Auto gefahren – jetzt will ich dies tun.
🚒 Alles ist bereit: das Auto, die Papiere und ich. Morgen Montag früh werde ich ein Feuerwehrauto in die Ukraine fahren und dort den Vertretern einer frontnahen Stadt übergeben. Wir von Swiss for Ukraine (S4U)konnten dieses Fahrzeug von einer Schweizer Feuerwehr erwerben. Es ist zwar schon 25 Jahre alt, hat aber nur gut 80’000 km auf dem Tacho und ist bestens gepflegt.
🎯 Es soll in der Ukraine genutzt werden, um Menschen aus Gebieten zu evakuieren, die unmittelbar von den russen bedroht sind.
📍 Ich werde aber auch den Partneranlass von Caritas-Spes in Lviv besuchen und möchte dort das Verständnis für den aktuellen Bedarf an zivilen Hilfeleistungen vertiefen und neue Kontakte zu Partnern und Empfängern in der Ukraine knüpfen.🤝Mit Caritas-Spes verbindet mich eine bereits viele Jahre lange Kooperation und Freundschaft.
👥 Und selbstverständlich werde ich unsere lokalen Mitglieder der S4U treffen und mit ihnen Ideen und Projekte diskutieren.
